„Soul Eater… I… will not run away… anymore…“

Lange haben europäische Suikoden-Fans warten müssen, bis endlich der vierte Teil von Konamis traditionsreicher RPG-Reihe seinen Weg über den großen Teich fand und auf unseren heimischen Konsolen seine Runden drehen durfte.

Denn schließlich gab es hier im PAL-Sektor nie einen dritten Suikoden-Teil, sodass nur die wenigsten Europäer überhaupt in den vollen Genuss dieser epischen Abenteuer kamen.

Ob Suikoden IV seinen hohen Erwartungen gerecht wird, erfahrt Ihr im folgenden Review.


Story & Charaktere

Die Geschichte von Suikoden IV spielt über 150 Jahre vor den ersten zwei Episoden der Serie und ist im Grunde schnell erzählt: Man schlüpft in die Rolle eines jungen Adjutanten und angehenden Ritters, der nach einigen Patrouillenfahrten in den Besitz der „Wahren Rune der Bestrafung“ gelangt, welche ihm nicht nur große Macht verleihen, sondern auch unterschwellig an seinen geistigen Kräften zehren soll.

Schon bald gerät unser Held in den Kampf gegen ein machthungriges Imperium, das den verschiedenen Inselnationen Angst und Schrecken bereitet. Überraschende Wendungen und Spannungsmomente erlebt man schon sehr früh im Spiel, jedoch liegt die Story von Suikoden IV qualitativ doch weit hinter seinen Vorgängern.

Natürlich gilt es auch dieses Mal, alle 108 Stars of Destiny zu finden und zu rekrutieren, um die eigene Armee zu vergrößern. Traurigerweise werden aber nur die zentralen Charaktere des Spiels ausgiebig beleuchtet, während andere, kleinere Rollen schnell untergehen. Überhaupt scheint man die wirklich markanten Persönlichkeiten beinahe schon an einer Hand abzählen zu können.

Dennoch sei gesagt, dass Konamis neueste Story allemal mit seinen Genre-Konkurrenten mithalten kann, nicht aber mit den früheren Suikoden-Episoden, welche in dieser Hinsicht deutlich mehr zu bieten hatten.


Neuheiten & Veränderungen

Zwar hat man das „Trinity-Sight“-System, welches in Suikoden III noch sehr gut funktioniert hat, aufgegeben, jedoch kommt die neue Sprachausgabe sehr positiv zum Tragen, da sie rundum bestens in Szene gesetzt ist und auf ganzer Linie überzeugen kann.

Vor allem in den Zwischensequenzen von Suikoden IV, welche zum Großteil in Spielgrafik präsentiert werden, kommen die englischen Stimmen der zahlreichen Charaktere sehr glaubwürdig und wohlklingend zur Geltung.

Während man in früheren Episoden der Suikoden-Serie noch mit dem Aufbau eines gut befestigten Hauptquartiers beschäftigt war, finden die rekrutierten Charaktere dieses Mal in einem riesigen Segelschiff Unterschlupf, mit dem der Spieler nahezu ständig unterwegs ist.

Leider schlagen jedoch die mitunter sehr langen Seereisen schon nach kurzer Zeit schwer aufs Gemüt, da man immer wieder von nervigen Zwischenkämpfen geplagt wird, was dem allgemeinen Spielfluss nicht gerade gut tut.


Altbewährtes

Neben den gewöhnlichen Kampfszenen gibt es natürlich auch wieder die groß angelegten Massenschlachten, welche dieses Mal auf hoher See ausgetragen werden. Dazu steht dem Spieler ein schachbrettartiges Spielfeld zur Verfügung, auf dem alle Züge sorgfältig geplant werden können.

Zwar mögen diese Gefechte zu Beginn noch recht simpel und anspruchslos wirken, doch verlangen sie dem Spieler mit der Zeit immer größeres taktisches Kalkül ab. Auch die klassischen Duelle, bei denen zwei Personen über ein „Schere-Stein-Papier“-System um ihre Ehre kämpfen, sind wieder fester Bestandteil des Programms.

Größtes und mit Sicherheit spaßigstes Augenmerk von Suikoden IV ist jedoch das mobile Hauptquartier in Form eines riesigen Segelschiffs. Hat man in früheren Episoden noch eine alte Burg belagert und ausgebaut, finden die Stars of Destiny dieses Mal in einem fünfstöckigen Seekreuzer Einzug, wo nicht nur jeder Charakter seine eigene Kabine bezieht, sondern so manch anderer auch einen individuellen Laden für Waffen, Rüstungen, Items oder Schmuck führt.

Richtig in die aktive Kampfgruppe aufnehmen lässt sich von den über hundert verschiedenen Charakteren jedoch nur etwa die Hälfte, während der Rest sich anderweitig im Hauptquartier oder in Seeschlachten nützlich macht.


Kampfsystem

Suikoden IV hält streng an traditionellen Stilmitteln und RPG-Elementen fest, was trotz moderner Grafik und überarbeiteter Konzepte immer wieder schöne Erinnerungen an vergangene Zeiten der Nippon-RPGs weckt. Noch immer stehen Gruppenverwaltung und Charaktertraining stark im Vordergrund, ganz gleich ob man gerade den tiefsten Dungeon durchforstet, seine Leute mit Proviant aus dem nächsten Itemladen eindeckt oder einen Besuch beim Waffenschmied tätigt. Auch die üblichen Minispiele mit Karten und Würfeln kommen nicht zu kurz.

Gekämpft wird abermals in rundenbasierten Zufallskämpfen. Einziger Unterschied zu früheren Episoden ist jedoch, dass man in Suikoden IV nur noch mit vier statt sechs Charakteren in der Gruppe kämpft. Neben den üblichen Standard-Befehlen wie „Angriff“, „Abwehr“ und „Item“ gibt es auch hier wieder die Möglichkeit, alle Aktionen für eine Kampfrunde bequem per Auto-Befehl vom Computer bestimmen zu lassen. Auch die sogenannten Unite-Attacks, also die Vereinigungen einzelner Charaktere, sind wieder fester Bestandteil des Kampfsystems, ebenso das altbekannte Magiesystem mit Runen.

Die Gegnergruppen und Bosse sind, bis auf wenige Ausnahmen, allesamt sehr leicht zu besiegen, was dem Spiel keinen allzu hohen Schwierigkeitsgrad verleiht. Somit ist das Kampfsystem von Suikoden IV zwar ganz ordentlich und auch hübsch anzusehen, jedoch fühlt man sich weit weniger gefordert als etwa noch in früheren, weit anspruchsvolleren Suikoden-Spielen. Zudem fangen die unzähligen Zufallskämpfe nach einiger Zeit doch stark an zu nerven.

Grafisch weiß das Kampfsystem aber definitiv zu überzeugen! Die Animationen laufen flüssig und sind ebenso ansehnlich wie die eindrucksvollen Zaubersprüche, liebevoll texturierten Gegner und atmosphärischen Kampfareale.


Fazit

Insgesamt präsentiert sich Suikoden IV eher als durchschnittliches, jedoch solides Rollenspiel-Erlebnis mit gleich vielen Pros wie Contras. Einerseits kann es grafisch nicht ganz mit der Konkurrenz von z. B. Square Enix mithalten und enthält dramaturgisch mehr schwache als starke Momente. Andererseits bietet es gute Charakter- und Monsterdesigns und besticht ebenso überzeugend durch schöne Außenumgebungen und grandiose Wassereffekte, die auf See jedoch nicht mehr ganz so beeindruckend rüberkommen. Überhaupt lässt die Texturvielfalt stellenweise eher zu wünschen übrig.

Leider sorgen auch die langen Seereisen nicht selten für Frust und Langeweile, was dem Spielfluss streckenweise sehr schadet. Selbst der Soundtrack wirkt zum Teil lieblos und uninspiriert, was die exzellente Sprachausgabe aber wieder wettmacht.

Und mit gerade mal 25 bis 30 Stunden ist auch der Spielumfang nicht gerade überwältigend, sodass wohl doch nur die eingefleischten Suikoden-Fans maximale Freude mit diesem vierten Teil der Serie haben werden. Lediglich die zahlreichen Nebenaufgabe, welche man in Seitengassen und von diversen NPCs erhält, geben dem Spiel einen zusätzlichen Reiz, der aber nicht über die (in Sachen Umfang) eher mager ausgefallene Spielwelt hinwegtrösten kann.

Suikoden IV ist allemal einen Versuch wert und keinesfalls ein schlechtes Spiel, wenn auch nicht gerade das beste der Serie. Unentschlossenen Genre-Liebhabern, die einfach nur ein gutes RPG für ihre PS2 suchen, sei allerdings der Griff zur besseren Konkurrenz geraten.