„With each passing day, the world finds new and exciting ways to kill a man.“

Nach fünf Jahren in der Entwicklungshölle und mehreren Verschiebungen, erschien Final Fantasy XII im März 2006 für die PlayStation 2, und sollte der letzte Serien-Hauptteil sein, den Square Enix für die sechste Konsolengeneration veröffentlichte. Mit mehr als 1,7 Millionen verkauften Exemplaren in der ersten Woche, konnte es souverän an den Erfolg von FF10 anknüpfen, und sorgte zeitweise sogar für eine Verdreifachung der PS2-Verkäufe in Japan.

Ein paar Monate später, im Oktober 2006, erschien dann auch die US-Version, welche mit 1,5 Millionen verkauften Einheiten in der Release-Woche neue Rekordumsätze für Square Enix generierte. Europa und der Rest der Welt mussten sich bis Februar 2007 gedulden, bis schließlich auch die PAL-Version in den Startlöchern stand.

Bis zum Erscheinen von FF13 in 2009, gingen schließlich weltweit über 6 Millionen Exemplare über den Ladentisch, was Final Fantasy XII zu einem der erfolgreichsten Teile der ganzen Serie machte. Kurioserweise hält es aber bis heute eine Art Außenseiterstatus in Fankreisen inne, trotz eigentlich überwiegend guter Rezensionen von sowohl Presse als auch Community, sowie zahlreicher Auszeichnungen, Preise und Nominierungen.

Das mag zuvorderst daran liegen, dass Final Fantasy XII ein völlig neues Kampfsystem einführte bzw. jenes von FF11 im Wesentlichen adaptierte, nur ohne die Online-Komponente. Serien-Veteranen, die sich über Jahre hinweg an das klassische rundenbasierte Kampfsystem der Final-Fantasy-Reihe gewöhnt hatten, und den elften Teil aufgrund der eingeschränkten bzw. kostspieligen Zugänglichkeit wahrscheinlich nie zu Gesicht bekamen, sahen sich plötzlich mit einer extremen Umgewöhnung sowie einer Vielzahl von befremdlichen Änderungen in einer scheinbar überdimensionierten Spielwelt konfrontiert.

Im folgenden Review möchte ich euch nahelegen, warum es ein Trugschluss ist, Final Fantasy XII vorzeitig aus der Hand zu legen. Es mag zu Beginn etwas beschwerlich, verwirrend, unübersichtlich und unnötig herausfordernd erscheinen. Doch sobald man nach ungefähr zwei Stunden einen bestimmten Punkt im Spiel erreicht hat, entfaltet sich erst das volle Potenzial dieses wundervollen RPGs, mit dem womöglich besten Kampfsystem und einer der schönsten Spielwelten in der gesamten Final-Fantasy-Reihe.


Hintergrund & Story

Die Handlung von Final Fantasy XII spielt in der fiktiven Welt Ivalice, die aufmerksamen Square-Fans bereits aus den früheren PlayStation-Titeln Final Fantasy Tactics (1997) und Vagrant Story (2000) bekannt sein dürfte. Zwischen den zwei größten Kontinenten Rozarria und Archadia tobt seit langer Zeit ein unerbittlicher Krieg, mit den beiden kleineren Staaten Nabradia und Dalmasca mittendrin.

Das Spiel beginnt mit der Hochzeitszeremonie von Prinzessin Ashelia B’nargin Dalmasca (kurz Ashe) und Prinz Rasler aus Nabradia. Kurz nach den Feierlichkeiten fallen archadische Streitkräfte in Nabradia ein, und Rasler stirbt bei der Verteidigung seines Landes. Das Imperium gewinnt schließlich auch die Oberhand über Dalmasca, und zwingt König Raminas, Ashes Vater, zur bedingungslosen Kapitulation.

In einem kurzen Prolog, der gleichzeitig als Tutorial dienen soll, erlangt der Spieler die Kontrolle über den Soldaten Reks, der unter der Führung von Hauptmann Basch fon Ronsenburg die Unterzeichnung des Kapitulationsvertrages verhindern soll, da man ein Mordkomplott gegen den König befürchtet. Leider bewahrheiten sich die Gerüchte, doch es ist nicht der archadische Feind, der Raminas tötet, sondern scheinbar Basch persönlich, eher dieser auch Reks niedersticht.

Dalmasca wird endgültig von Archadia unterworfen, und Marquis Halim Ondore, ein enger Freund des ermordeten Königs, verkündet die Hinrichtung des einst umjubelten Kriegshelden Basch, der nun höchst unehrenhaft als Volksverräter in die Geschichte eingeht. Überdies soll Prinzessin Ashe, rechtmäßige Thronerbin Dalmascas, sich aus Trauer um den Verlust ihres Gatten, ihres Vaters und ihres Landes das Leben genommen haben.

Zwei Jahre später liegt das Königreich von Dalmasca fest in der Hand des Imperiums. Man schlüpft in die Rolle von Vaan, den jüngeren Bruder von Reks, der als Kriegswaise im Untergrund der königlichen Hauptstadt Rabanastre lebt, und sich mit Kleindiebstählen und Gelegenheitsarbeiten für seinen Boss Migelo durch den Alltag schlägt. Obwohl er ohne den wachsamen Blick seiner Freundin Penelo wahrscheinlich längst in einem Verlies eingesperrt säße, träumt er von einem Leben als Luftpirat, um frei und unabhängig zu sein.

Es dauert nicht lange, bis Vayne Solidor, ältester Sohn des archadischen Kaisers Gramis, in Rabanastre eintrifft, um sich dem Volk als neuer Konsul vorzustellen. Während es ihm gelingt, mit seiner charismatischen Rede den Großteil des Publikums um den Finger zu wickeln, halten Vaan und Penelo, die beide ihre Familien im Krieg verloren haben und jetzt in völliger Armut leben, hartnäckig an ihrem Groll gegen das Imperium fest.

Am Abend der Feierlichkeiten zu Vaynes Amtseinführung beschließt Vaan, in den königlichen Palast einzudringen, um ein paar Schätze für das unterdrückte Volk Dalmascas zurückzustehlen. Tatsächlich findet er sogar einen wertvoll anmutenden Edelstein, wird dann aber von dem Luftpiraten Balthier und seiner Partnerin Fran, einer Abstämmigen des Viera-Volkes, überrascht. Sie wollten denselben Schatz stehlen, doch bevor es zu einer Einigung zwischen den Dreien kommt, geraten sie mitten in einen Aufstand dalmascanischer Widerstandskämpfer, und sehen sich schnell gezwungen, gemeinsam einen Fluchtweg durch die Kanalisation zu finden.

In den Wassertunneln der Unterstadt stoßen die Drei auf die totgeglaubte Prinzessin Ashe, die sich zunächst noch als „Amalia“ ausgibt und offenbar die Anführerin des Widerstands ist. Vaan hilft ihr kurzerhand, sich gegen die Soldaten des Imperiums zu verteidigen, doch letztlich wird er zusammen mit Balthier und Fran gefasst und eingesperrt, während Ashe auf ein imperiales Luftschiff abgeführt wird.

Beim Ausbruch aus dem Gefängnis treffen die Helden auf Hauptmann Basch, der offenbar doch nicht hingerichtet wurde, sondern stattdessen die letzten zwei Jahre in Gefangenschaft verbracht hat. Notgedrungen müssen sie ihn auf ihrer Flucht mitnehmen und lassen sich nur schwer von der Unschuld überzeugen, die Basch ihnen gegenüber beteuert. Nach und nach kommt aber die Wahrheit ans Licht, nämlich dass Basch selbst Opfer eines politischen Komplotts durch seinen Zwillingsbruder und hohen Richter Gabranth wurde.

Mit der Rückkehr nach Rabanastre und der Befreiung von Ashe, beginnt eine epische Geschichte um den Kampf gegen die Tyrannei des Imperiums und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Dalmascas unter seiner rechtmäßigen Thronerbin. Jede Ähnlichkeit zu Star Wars ist dabei vollkommen unbeabsichtigt.


Spielwelt & Steuerung

Obwohl Final Fantasy XII an vielen vertrauten Serientraditionen festhält, bringt es doch zahlreiche Veränderungen mit sich bzw. übernimmt diese zum Teil aus dem Online-Vorgängerspiel. So gibt es nun zum ersten Mal eine frei bewegliche Kamera, die angesichts der mitunter extrem weitläufigen offenen Spielwelt und der arg verwinkelten Dungeons mehr als notwendig ist. Damit einhergehend erfolgt die Steuerung der Spielfigur grundsätzlich aus der Rückenansicht.

Die Vielfalt der Landschaften umfasst alles Mögliche von Wüste, Steppe, Wald und Strand bis hin zum schneebedeckten Hochgebirge, wobei alle Areale wie in einem großen Netzwerk miteinander verbunden sind. So muss man allerdings aufpassen, dass man nicht versehentlich in ein Gebiet vordringt, wo das durchschnittliche Gegner-Level viel höher liegt als das der eigenen Truppe. Darüber hinaus verfügen einige Regionen über verschiedene Wettereffekte, die z. B. besonders seltene Monster nur dann zum Vorschein kommen lassen, wenn es stark regnet oder wenn der Himmel dicht bewölkt ist.

Zur besseren Orientierung ist sowohl in den großen Außenarealen als auch in Dungeons und Städten immer eine Minikarte in der Bildschirmecke zu sehen, von der sich die Grenzlinien des Levels sowie die Positionen aller in der nähe befindlichen Mitstreiter, Feinde und NPCs ablesen lassen. Für einen Gesamtüberblick über das aktuelle Gebiet und wie die einzelnen Teilabschnitte miteinander verstrickt sind, lässt sich mit der SELECT-Taste jederzeit eine noch größere Karte aufrufen, auf der das aktuelle Questziel in der Regel mit einem roten Kreis markiert ist. Zudem befindet sich am unteren Bildschirmrand immer ein willkommener kleiner Hinweis, was als nächstes zu tun ist, um in der Hauptstory voranzukommen.

Da es schon seit FF10 keine putzige Oberwelt mehr gibt, auf der man wie ein Riese von einer Miniaturstadt zur anderen läuft, erfolgen längere Reisen in Final Fantasy XII entweder direkt zu Fuß oder auf dem Rücken eines Chocobos, oder – gegen eine kleine Reisegebühr – per Luftschifflinie, für die es in jeder größeren Stadt des Spiels eine Art Flughafen gibt. Hat man an einem der Terminals einen Flug gebucht, kann man wahlweise den Trip überspringen und direkt am Zielort aussteigen, oder ein bisschen das Luftschiff erkunden und sich mit den anderen Passagieren unterhalten oder ein paar Einkäufe tätigen. Dabei lässt sich nebenbei eine nette kleine Sidequest initiieren, die den Spieler dazu verleiten soll, alle Linien einmal abzufliegen.

Als vierte und bequemste Transport-Möglichkeit gibt es dann noch die orangenen Teleport-Kristalle, die quer über die ganze Spielwelt verteilt sind und gleichzeitig als Speicherpunkt dienen. Hat man so einen Kristall gefunden und einmal berührt, kann der Ort jederzeit von jedem anderen Kristall aus angesteuert werden, den man bisher benutzt hat. Allerdings wird für jeden Teleport ein spezieller Gegenstand benötigt, den man bis etwa zur Mitte des Spiels nur in begrenzten Mengen erhält.

Zwar lassen sich diese Teleport-Steine später beliebig nachkaufen, jedoch wäre es insgesamt vielleicht besser gewesen, diese sinnlose Restriktion einfach ganz aus dem Spiel rauszulassen. Denn sobald man überhaupt erst einen Grund hat, die Teleport-Kristalle intensiver zu nutzen, reicht der Vorrat wahrscheinlich längst für den Rest der Story und auch für die Vollendung aller Nebenaufgaben aus. Wenn nicht, kauft man schnell 50 Stück davon ein, und schon werden sie bedeutungslos.


Lootsystem & Wirtschaft

Wer sich wundert, warum besiegte Monster kein Geld hinterlassen, wird in den ersten Spielstunden möglicherweise verdutzt in seine leere Reisekasse gucken, und folglich ein Problem mit dem Einkauf von Heilgegenständen und neuer Ausrüstung bekommen. Es bedarf nämlich einer kleinen Umgewöhnung, dass die erhaltene Kampfbeute erst beim nächsten Händler verkauft werden muss, damit die Kasse klingelt. Eigentlich ganz logisch, aber eben doch anders als man es als RPG-Veteran erwarten würde.

Dadurch eröffnet sich allerdings eine interessante neue Spielmechanik, nämlich die Basar-Angebote. Verkauft man von bestimmten Beutegegenständen ausreichend viele Exemplare, erscheint beim Händler eine spezielle Option „Handelsware“, mit der sich rabattiere Warenbündel (z. B. zehn Heiltränke zum Preis von einem) und sogar exklusiv einige der besten Ausrüstungen im Spiel erwerben lassen.

Je weiter man im Spiel voranschreitet und je größer und mächtiger die Gegner werden, desto wertvoller werden natürlich die Gegenstände, die man von besiegten Feinden erbeutet. Dasselbe gilt für sogenannte Chain-Kills, also mehrfach aufeinanderfolgende Tötungen desselben Monster-Typs. Je höher diese Kombo ansteigt, umso profitabler lassen sich die erbeuteten Items später verkaufen. Teilweise kommt man nur so an die seltenen Items, die zur Freischaltung der Spezialware im Basar notwendig sind. Wer es auf die besten Waffen und Rüstungen im Spiel abgesehen hat, wird einige Zeit damit verbringen müssen, dieselben Monster immer und wieder abzuschlachten, bis das Objekt der Begierde endlich mal dropt.

Zur massiven Profitsteigerung empfiehlt es sich übrigens grundsätzlich, so viele Feinde wie möglich erst zu bestehlen, bevor man sie totschlägt. Da man vor allem in der ersten Spielhälfte sowieso nie genug Geld hat, um das aktive Team (geschweige denn die Ersatzbank) mit den besten verfügbaren Waffen und Rüstungen auszustatten, können die zusätzlich gestohlenen Items locker mal ausreichen, um zwei oder drei weitere Ausrüstungsteile zu finanzieren, was den nächsten Bosskampf entscheidend vereinfachen kann. Abgesehen davon benötigt man ja immer auch ein paar neue Heiltränke und Gegengifte, oder möchte sich hin und wieder mal einen neuen Zauberspruch leisten können. Sobald der Kontostand dann irgendwann anfängt in den sechsstelligen Bereich zu gehen, nehmen die Geldsorgen allmählich ein Ende, und man kann einen Gang runterschalten.


Lizenzbrett & Charakterentwicklung

Zur Freude der alteingesessenen Square-Veteranen, besteht die Charakterausstattung in Final Fantasy XII ganz klassisch aus Waffe, Helm, Rüstung, Accessoire und gegebenenfalls Schild. Neue Teile können normal im Laden erworben, von Feinden erbeutet oder mit etwas (sehr viel) Glück in der freien Welt gefunden werden. Allerdings kann jedes Ausrüstungsteil sowie jede Fähigkeit erst dann von einem Charakter benutzt werden, wenn dieser die entsprechende Lizenz dafür erworben hat, und damit kommen wir zum nächsten großen Feature des Spiels.

Das Lizenzbrett ist gewissermaßen ein Abkömmling des Sphärobretts aus FF10. Anstatt aber Statusboni wie HP, Stärke und Abwehr oder neue Skills zu aktivieren, dient es der Freischaltung von Waffen, Rüstungen, Fähigkeiten und einigen Kampfupgrades. Mithilfe von Lizenzpunkten, die von jedem besiegtem Gegner in unterschiedlichen Mengen hinterlassen werden, lassen sich Felder auf dem Lizenzbrett freischalten, die einem Charakter z. B. die Benutzung eines bestimmten Schwertes oder Zaubers erlauben, vergleichbar mit einem Waffenschein. Das fängt beim einfachen Mythrildolch an und endet schließlich bei solch legendären Teilen wie Masamune, Exkalibur oder Schleife, die jeweils mehrere hundert Lizenzpunkte kosten.

Was anfangs noch dazu anregt, die wenigen verfügbaren Lizenzpunkte so strategisch und effizient wie möglich für das Allernotwendigste auszugeben, verkommt mit zunehmendem Überdruss an Lizenzpunkten leider irgendwann zu einem stumpfsinnigen Clicker-Spiel. Man könnte der Meinung sein, die Hälfte an Waffen, Rüstungen und Zaubern hätte gereicht. Nicht nur wird man die meisten aktivierten Lizenzen sowieso nie brauchen, auch ist es extrem mühsam, jedes einzelne Feld vor der Aktivierung noch einmal in einem Extra-Dialog bestätigen zu müssen. Das dauert insbesondere bei einem Charakter, der 40 Ebenen hinter dem Rest zurückliegt und seit seinem letzten Einsatz mehrere tausend Lizenzpunkte angehäuft hat, einfach viel zu lange.

Nichtsdestotrotz ist das Lizenzbrett insgesamt ein gelungenes Instrument, um dem Spieler die Möglichkeit zu geben, seine Charaktere individuell in bestimmte Bahnen zu lenken. Zwar besitzt zum Schluss ohnehin jeder dieselben Lizenzen, wenn das Brett erst mal voll aufgedeckt wurde, jedoch kann man auf dem Weg dahin durchaus eine gewisse Rollenverteilung im Team etablieren, sodass z. B. der Gruppenführer gut im Umgang mit Nahkampfwaffen und schweren Rüstungen ist, während ein Verbündeter eher magisch versiert ist, leichte Kleidung trägt und sich auf das Erlernen mächtiger Zaubersprüche konzentriert.

Man sollte nur generell darauf Acht geben, immer bevorzugt diejenigen Lizenzen freizuschalten, für die sich auch die entsprechende Ausrüstung im Inventar befindet bzw. welche zum Greifen nah im nächsten Shop erhältlich ist. Wäre ja schade, wenn man eine starke neue Waffe findet und sie keinem Charakter geben kann.


Kampfsystem & Gambits

Wie eingangs schon erwähnt, liegt die größte Veränderung von Final Fantasy XII im Wechsel des Kampfsystems. So finden die Gefechte nicht mehr zufällig und in einem eigenen Bildschirm statt, sondern werden direkt in Echtzeit an Ort und Stelle ausgetragen. Dieses System des „Active Dimension Battle“ kam in ähnlicher Form schon in FF11 zum Einsatz, nur diesmal mit dem Unterschied, dass man keine Hotkeys bedient, keine menschlichen Mitspieler hat, mehrere Figuren gleichzeitig befehligt, und jederzeit das Kampfgeschehen anhalten kann.

Was sich anfangs etwas befremdlich, chaotisch und überfordernd anfühlt, entpuppt sich spätestens mit der Einführung der Gambits bzw. mit dem Bezwingen des ersten richtigen Bossgegners als eine der besten Veränderungen, die das alte rundenbasierte Kampfsystem je erfahren konnte. Mit dem Wegfall der Zufallskämpfe bleibt es dem Spieler meistens selbst überlassen, mit welchen Feinden er sich anlegen möchte und um welche er lieber einen Bogen macht. Darüber hinaus ist der Gruppenführer auch während des Kampfes frei steuerbar, sodass er z. B. in brenzligen Situationen schnell die Position wechseln oder in ein benachbartes Areal fliehen kann.

Das Ensemble besteht aus sechs spielbaren Charakteren, die in jeder beliebigen Kombination ein Team aus bis zu drei aktiven Kämpfern bilden können, während der Rest quasi als Reserve dient. Hin und wieder stößt storybedingt ein Gast dazu, der sich aber weder frei befehligen noch auswechseln lässt. Während man innerorts ausschließlich Vaan steuert, lässt sich in der freien Außenwelt jeder beliebige Charakter als Gruppenführer bestimmen, dessen Mitstreiter ihm auf Schritt und Tritt folgen – jedenfalls sofern sie nicht mal wieder um hundert Meter zurückgefallen sind, weil sie sich wegen irgendeinem blöden Gambit die Schuhe neu schnüren müssen.

So lässt sich das Team frei mit den persönlichen Lieblingen gestalten, und glücklicherweise gibt es auch keine Situation im Spiel, wo einem die unliebsamen oder unterentwickelten Figuren für einen schweren Bosskampf aufgezwungen werden. Wer die Herausforderung sucht, kann sogar gänzlich auf Mitstreiter verzichten und nur mit einem Charakter spielen. Für die Hauptstory und die meisten Nebenaufgaben reicht es aber vollkommen, sich nur auf drei Charaktere zu konzentrieren und die anderen links liegen zu lassen, wenn man nichts mit ihnen anzufangen weiß oder kein Geld für ihre Ausrüstung ausgeben will.

Abgesehen vom Wechsel in ein Echtzeit-Kampfsystems, gibt es keine besonderen Änderungen an den bekannten Grundfunktionen. So verfügt immer noch jeder Charakter ganz klassisch über Lebenspunkte, Magiepunkte, Angriffsbefehl, Zaubersprüche, Techniken und Items. Mit zunehmender Erfahrung steigt er im Level auf, bis maximal Stufe 99, und erhält dadurch immer ein paar Bonuspunkte auf seine Kampfattribute (Angriff, Verteidigung, Geschick, Magie etc.), welche wiederum durch das Anlegen von Waffen und Ausrüstungen weiter erhöht werden können.

Später kommen zu den bekannten Grundbefehlen noch zwei weitere Kampfbefehle hinzu: Esper sind mächtige Dämonenwesen, die – ähnlich wie die Bestia in FF10 – im Kampf herbeigerufen werden können und dann an der Seite des beschwörenden Charakters mit besonders starken Spezialfähigkeiten aushelfen. Man bekommt jedoch keine Esper einfach so geschenkt und kann sie auch nicht steuern. Es gibt insgesamt dreizehn Stück, und sie müssen alle im Kampf besiegt und auf dem Lizenzbrett freigeschaltet werden, bevor man sie benutzen kann. Ein paar wenige Esper müssen im Laufe der Story zwangsläufig besiegt werden – die meisten anderen sind dagegen optional und teilweise recht hartnäckig. Angesichts ihres in der Praxis eher bedingten Nutzens ist es fast schon schade, dass es so viele von ihnen gibt, wenn man sie so gut wie gar nicht braucht.

Dann gibt es noch die Mysth-Teks (oder Quickenings), von denen jeder Charakter bis zu drei Stück erlernen kann. Diese sind vergleichbar mit Limit-Breaks bzw. mit der Spezialtechnik von Xell in FF8. Führt man diesen Befehl im Kampf aus, lässt sich die gewählte Mysth-Tek mit den Techniken anderer Mitstreiter zu einer Angriffsserie verketten, während ein Timer rapide auf Null runterzählt. Ist die Zeit abgelaufen, wird die Kombo mit einem Finisher (Mysth-Fusion) abgeschlossen, der noch mal obendrauf einiges an Extraschaden macht. Zwar ist es jedes Mal etwas anstrengend, eine längere Kette aufzubauen und dabei die einzelnen Kampfanimationen der Charaktere nicht überspringen zu können, allerdings lohnt es sich angesichts des immensen Schadens, den so eine Quickening-Kombo vor allem gegen Bosse anrichten kann, doch schon ein bisschen.

Für ein leichteres Verständnis des Kampfablaufs und um den Spieler nicht den Überblick verlieren zu lassen, wird jede Kampfaktion durch eine farbige, bogenförmige Aktionslinie zwischen Subjekt und Objekt repräsentiert. Rote Linien gehen immer vom Feind aus und deuten z. B. einen bevorstehenden Angriff an. Blaue Linien dagegen stehen für die Aktionen von und innerhalb der eigenen Gruppe. Zusätzlich erscheint am oberen Bildschirmrand eine Art Kampfprotokoll oder Ticker, in dem noch einmal schriftlich wiedergegeben wird, wer gerade was macht. Allerdings verschwinden diese Texteinblendung gerne mal schneller als man sie wahrnehmen könnte, sodass es leider nicht immer ersichtlich ist, ob beispielsweise ein Diebstahl erfolgreich war oder ob ein Reserve-Charakter in all der Hektik tatsächlich wiederbelebt wurde.

Da man zu Beginn des Spiels noch mühselig alle Befehle von Hand eingeben und das Ziel jeweils einzeln auswählen muss, kann das neue Kampfsystem leider schnell einen negativen Ersteindruck machen, und den Spieler schlimmstenfalls sogar direkt vergraulen. Zwar erhält man schon relativ früh einen Mitstreiter, der mittels eigener Gambits mehr oder weniger automatisch agiert, jedoch bekommt man bis zur Rekrutierung von Fran und Balthier keine Möglichkeit, die Gambits der Gruppe individuell anzupassen.

Die nun schon oft erwähnten Gambits sind das Herzstück des Kampfsystems und so ziemlich das genialste Feature des gesamten Spiels. Sie ermöglichen gewissermaßen eine „Wenn-Dann“-Programmierung der Charaktere, sodass sie je nach Kampfsituation automatisch bestimmte Handlungen ausführen. Jedes Gambit besteht aus einer Bedingung, einer Aktion, einem Ziel und einer Priorisierung. So kann man beispielsweise mit einem Gambit sagen, dass der Charakter den Feind in nächster Reichweite angreifen soll, und mit einem anderen Gambit, dass er einen Kameraden mit weniger als 70 % Leben mit „Vita“ heilen soll. Positioniert man nun das zweite Gambit in der Rangfolge über dem ersten, hat man eine Kontrollstruktur erschaffen: Heile jeden Kameraden mit maximal 70 % Leben, ansonsten greife den nächsten Feind an.

Natürlich versteht es sich von selbst, dass defensive bzw. lebenserhaltende Gambits vor offensiven Gambits platziert werden sollten, da man ja sonst nie heilen würde, solange noch Feinde in der Nähe sind. Während es bei Erhalt der Gambit-Funktion noch keinen allzu großen Spielraum in der Gestaltung des Kampfverhaltens gibt, lassen sich nach und nach für jeden Charakter weitere leere „Programmzeilen“ auf dem Lizenzbrett aktivieren und neue Bedingungen in den Shops erwerben (wobei etwa 90 % davon absolut überflüssig sind). So wird man für den Rest des Spiels nur noch damit beschäftigt sein, clevere Gambit-Kombinationen auszutüfteln, mit denen das Team so effizient und so effektiv wie möglich selbstständig agiert und überlebt.

Da es mit maximal zwölf Gambits pro Charakter aber unmöglich ist, das Kampfverhalten des Teams so perfekt zu automatisieren, dass dieses mit jedem Gegner – geschweige denn mit jedem Boss – ganz von alleine fertig wird, wird man immer mal wieder situations- oder ressourcenbedingt kleine Änderungen am Charakter-Setup vornehmen müssen. Dafür haben die Entwickler die großartige Funktion eingebaut, jederzeit – auch inmitten des Gefechts – die Waffen, Rüstungen, Accessoires, Gambits und sogar die Aufstellung des Teams ändern zu können. Letzteres funktioniert allerdings nur mit Charakteren, die nicht gerade von einem anderen Kampfteilnehmer anvisiert werden.

Falls sich während eines Bosskampfes herausstellt, dass der Feind durch das Element einer angelegten Waffe geheilt wird, kann man kurzerhand eine andere Waffe ausrüsten oder das entsprechende Angriffs-Gambit einzeln abschalten, während alle anderen Gambits aktiv bleiben. Bei Bedarf kann man sogar alle Gambits eines Charakters auf einmal abschalten und ihn komplett von Hand steuern. Generell ist es jederzeit im Kampf möglich, das Gambit-Programm einzelner Teammitglieder durch manuelle Befehle zu überbrücken, z. B. um kurzfristig einen gefallenen Charakter wiederzubeleben oder um eine lästige Zustandsveränderung zu heilen, für die kein entsprechendes Gambit konfiguriert wurde.

Damit wären auch schon alle Gründe genannt, weshalb ich das Kampfsystem von Final Fantasy XII für das bis dahin beste der ganzen Serie halte. Wie oft war es in früheren RPGs und sowieso in jedem anderem Final Fantasy der Fall, dass die meisten Kämpfe nur aus stumpfsinnigem Angreifen und Heilen bestehen? Vielleicht hat man zwischendurch mal einen Feuerzauber gesprochen, ein Item geklaut oder einen Teamkameraden mit einer Phönixfeder aufgehoben, aber im Standardfall hat man doch wirklich nur rapide auf einen Button gedrückt, bis der Kampf vorbei war.

Mit dem Gambit-System erübrigt sich diese gedankenlose und kräftezehrende Zeitverschwendung, und man gibt nur noch die Befehle selbst ein, die wirklich bedeutenden Einfluss auf das sonst selbstläufige Kampfgeschehen haben, quasi als Ausnahme zur Regel. So macht es viel mehr Spaß, jede Ecke und jeden Winkel der Welt zu erkunden, weil man nicht mehr permanent damit aufgehalten wird, lästiges Kleinvieh durch tausendfaches Button-Spamming aus dem Weg zu räumen. Das machen die Charaktere jetzt ganz von allein, und nebenbei profitiert man noch davon, in Form von Erfahrung, Lizenzpunkten und Beutegegenständen.

Wirklich ernsthaft nach vorne lehnen muss man sich dann nur noch während der Bosskämpfe oder bei Begegnungen mit den zahlreichen exotischen Steckbrief-Monstern. So machen längere Spielsitzungen auch nach dem hundertsten Zwischenkampf noch Spaß, ohne dass die Finger wehtun.


Musik & Synchronisation

Für die musikalische Untermalung von Final Fantasy XII war zum ersten Mal in der Seriengeschichte nicht mehr Stammkomponist Nobuo Uematsu zuständig, da dieser sich noch während der Entwicklung des Spiels von Square Enix trennte, um als freischaffender Künstler weiterzuarbeiten. Dennoch steuerte er den Ending-Song „Kiss Me Good-Bye“ zum Soundtrack bei, der jeweils in japanischer und englischer Sprache von Angela Aki eingesungen wurde.

Es waren große Fußstapfen, in die Uematus Nachfolger treten sollte, doch mit Hitoshi Sakimoto bot sich gerade für dieses Spiel ein mehr als geeigneter Kandidat an. Dieser komponierte nämlich zuvor schon Musik für Final Fantasy Tactics und Vagrant Story, und war somit der perfekte Mann, um noch einmal die facettenreiche Welt von Ivalice musikalisch zu interpretieren. Einige Stücke des insgesamt fast fünf Stunden langen Soundtracks stammen außerdem von Masaharu Iwata, Hayato Matsuo und Yuji Toriyama.

Nachdem FF10 bereits den Grundstein für synchronisierte Dialoge in der Serie legte, musste auch für Final Fantasy XII wieder ein vielseitiges Ensemble von Sprechern gefunden werden. So wurde einmal mehr der amerikanische Übersetzer und Autor Alexander O. Smith engagiert, der früher schon an der Lokalisierung von Vagrant Story mitgewirkt hatte. Die extrem formelle und gehobene, archaische Sprache im Spiel – die auch ein bisschen an Shakespeare erinnert – ist sein Einfluss, und ganz typisch für ihn.

Damit aber nicht alle denselben altertümlichen Einheitsbrei von sich geben, wurden verschiedene Dialekte und Akzente über die Völker und Rassen von Ivalice verteilt. So finden sich bei einigen Charakteren beispielsweise Einflüsse aus dem indischen und italienischen Sprachbild wieder. Des Weiteren sprechen alle Antagonisten, die dem „bösen Imperium“ angehören, ausschließlich mit einem britischen Akzent, wie es auch schon in Star Wars der Fall war (wieder absoluter Zufall). Und dann ist da noch Fran, deren zuckersüße Stimme mit einem isländischen Akzent versehen wurde. Wenn sie spricht, will man nur noch dahinschmelzen.


Nachfolger & Neuerscheinungen

Nachdem Square Enix mit FF10-2 bereits auf den Geschmack gekommen war, die Hauptteile der Serie – oftmals zum Unmut der Fangemeinde – in Form von Sequels und Spin-Offs fortzusetzen, erschien bereits ein Jahr nach dem Japan-Release von Final Fantasy XII ein Nachfolger mit dem Namen „Revenant Wings“ für Nintendo DS. In diesem Echtzeit-Strategiespiel ist Vaan bereits ein Luftpirat geworden und kommandiert zusammen mit Penelo ein eigenes Schiff. Obwohl es kein klassisches RPG ist, finden sich vereinzelt Spielelemente aus Final Fantasy XII wieder, wie das Gambit-System und die Esper-Beschwörungen. Es hat insgesamt gute Bewertungen erhalten.

Im August 2007, also nachdem Final Fantasy XII bereits weltweit ausgeliefert wurde, erschien in Japan eine stark modifizierte Neuauflage namens „International Zodiac Job System. Diese Version führte, wie der Titel schon andeutet, eine Art Job-System ins Spiel ein. So gab es nicht mehr nur ein einziges Lizenzbrett für alle, sondern jeder Charakter musste sich eine von zwölf verschiedenen Klassen wie z. B. Paladin, Weißmagier oder Jäger aussuchen, für die ihm dann ein entsprechend angepasstes Lizenzbrett zugewiesen wurde. Damit war es nicht mehr möglich, dass jeder Charakter beliebig über alle Fähigkeiten, Waffen und Ausrüstungen verfügen konnte.

Alle Gast-Charaktere, die zuweilen der Party beitraten, waren nun frei steuerbar, konnten zusammen mit dem Rest der Gruppe Level-Ups sammeln, und auch ihre Gambits konnten modifiziert werden. Mysth-Teks verbrauchten keine MP mehr, sondern hatten quasi ihre eigenen Benutzungskosten in Form von Mysth-Balken. Esper-Beschwörungen hielten nun deutlich länger an und konnten – genau wie Gast-Charaktere – frei befehligt werden. Und das Beste überhaupt: Die Spielgeschwindigkeit konnte auf Knopfdruck verdoppelt werden, sodass viele langatmige Kämpfe und Fußmärsche nur noch halb so anstrengend waren.

Darüber hinaus wurden zahlreiche Änderungen an Items, Fähigkeiten, Waffen und Rüstungen vorgenommen. Einige wurden komplett aus dem Spiel entfernt, andere neue hinzugefügt, wiederum andere in ihrer Funktionsweise verändert. Viele Zaubersprüche und Fähigkeiten sind nicht mehr in Geschäften erhältlich, sondern müssen exklusiv in Schatztruhen gefunden werden. Die Anzahl der Schatztruhen im Spiel wurde nahezu verdoppelt, auf über 1.600 insgesamt, und sie wurden praktisch alle neu ausgewürfelt und umplatziert. Glücklicherweise gab es aber auch keine berüchtigten „verbotenen“ Kisten mehr, die den arglosen Spieler davon abhielten, später eine der mächtigsten Waffen im Spiel zu erhalten.

Eine weitere große Neuerung war der über das Titelmenü anwählbare Trial-Modus. Man konnte einen Spielstand laden und mit seinem vertrauten Team eine Serie von 100 herausfordernden Kämpfen bestreiten, die natürlich zunehmend härter wurden. Schaffte man es bis zum Schluss, wurde ein Hardcore-Schwierigkeitsgrad freigeschaltet, bei dem man die Story auf Level 1 neustarten könnte, aber während des ganzen Spiels keine Level-Ups erhielt. Konträr dazu gab es für das Besiegen des Story-Endgegners eine Art „New Game+“ freizuschalten, bei der man zwar nichts aus dem alten Spieldurchgang übernimmt, dafür aber mit allen Charakteren auf Level 90 startet. Ganz nette Grundlage für einen casual Speedrun.

Im Juli 2017, also ziemlich genau zehn Jahre nach der Japan-exklusiven Zodiac-Neuauflage und etwa ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung von FF15, läutete Square Enix mit einem erneuten Re-Release das Jubiläum von Final Fantasy XII ein. Mit dem Beinamen „The Zodiac Age“ erschien weltweit eine in HD restaurierte, vollständig lokalisierte und abermals modifizierte neue Version des Spiels für die PlayStation 4. Neben einem aufgepeppten Soundtrack wartete das Spiel mit zahlreichen technischen Optimierungen, verkürzten Ladezeiten, grafischen Upgrades sowie einigen zeitgemäßen Gameplay-Verbesserungen auf.

So ist es nun möglich, für jeden Charakter zwei Jobklassen zu wählen, um zum Beispiel die Lizenzbretter eines Mönchs und eines Schwarzmagiers zu kombinieren. Der Turbo-Modus kann jetzt sogar noch eine Stufe höher gestellt werden, um besonders langatmige Momente quasi im Zeitraffer vorbeirauschen zu lassen. Neben der doch sehr eingeschränkten Minikarte in der Bildschirmecke, kann zusätzlich eine große Karte des aktuellen Areals als halbtransparentes Overlay eingeblendet werden, was die Navigation durch die teils sehr großen Levels um einiges bequemer macht, da man nicht mehr so oft das Spiel unterbrechen muss, nur um einen kurzen Blick auf die Karte im Pausenmenü zu werfen.

Besonders nützlich ist die neue Auto-Save-Funktion, die bei jedem Betreten eines Gebiets einen separaten Rettungs-Spielstand anlegt, egal wie weit man vom letzten Speicherkristall entfernt ist. So kann selbst ein plötzliches „Game Over“, ein Stromausfall oder eine wütende Frau, die den Stecker zieht, nichts zunichte machen, was sich nicht innerhalb weniger Minuten nachholen ließe. Mit diesem Feature ist es nun auch möglich, die im Prüfungs-Modus gewonnenen Lizenzpunkte und Gegenstände in den Haupt-Spielstand zu übertragen. So lassen sich relativ schnell viele Lizenzpunkte und seltene Ausrüstungs-Gegenstände sammeln.

Da man nicht mehr an das begrenzte Fassungsvermögen einer DVD gebunden ist, war es kein Problem, sämtliche Texte und Videosequenzen hochzuskalieren, die komplette Soundkulisse neu aufzunehmen und die Sprachausgabe wahlweise in Japanisch oder Englisch anzubieten. Darüber hinaus hat man die Funktionalitäten des PlayStation-Networks genutzt, um die In-Game-Errungenschaften als echte Trophäen im Online-Profil des Spielers auszustellen, sodass diese auch für Freunde sichtbar sind. Wer trotzdem an seinem geliebten Piratennest mit den niedlichen Retro-Sprites hängt, der darf aufatmen, denn dieses wurde inzwischen mit einem Patch nachträglich wieder ins Spielmenü integriert.


Fazit & Personliches

Ich habe Final Fantasy XII damals kurz nach dem US-Release gespielt und es auf Anhieb gehasst! Ja, wirklich gehasst und verflucht, aus all den oben angesprochenen falschen Gründen. Das Kampfsystem erschien mir chaotisch und völlig willkürlich, als hätte man keinerlei Kontrolle über die Handlungen des Charakters. Warum konnte er sich frei bewegen, schien aber trotzdem aus jeder Richtung gleichermaßen verwundbar zu sein? Das Geld und die wenigen Heilmittel, die ich anfangs im Gepäck hatte, gingen zur Neige bevor ich verstand, dass die Beutegegenstände der besiegten Monster beim Händler verkauft werden müssen.

Die Spielwelt erschien mir viel zu groß und unübersichtlich. Alles war so weitläufig und es gab allein in der Anfangsstadt etwa tausend Winkel und Ecken, in die man unmöglich alle hineingucken konnte, ohne alt und grau zu werden. Dabei will man doch nur aus Gewohnheit nichts übersehen, mit allen Leuten sprechen und alle versteckten Schätze mitnehmen. War das alles vielleicht gar nicht so wichtig?

Mithilfe der Umgebungskarte schaffte ich es schließlich, ins zweite Questgebiet vorzudringen. Aber die Monster wurden plötzlich alle viel stärker, und Vaan war ganz alleine viel zu schwach, um mit den wenigen Potions im Inventar langfristig am Leben zu bleiben, während für neue Ausrüstung jegliche Mittel fehlten. Mir riss allmählich der Geduldsfaden.

Noch bevor ich überhaupt auf die Idee kam, einfach mal den Questmarkierungen zu folgen und Penelo ins Team zu holen, verging mir die letzte Lust. Ich war traurig und zugleich wütend darüber, was man aus meinem geliebten rundenbasierten Kampfsystem gemacht hatte. Ich hatte das Spiel nicht unter Kontrolle, gehörte wohl nicht mehr zur Zielgruppe. Ein Trugschluss, wie sich noch herausstellen sollte. Hätte ich nur besser aufgepasst und dem Spiel etwas mehr Zeit gegeben, mir seine tatsächlichen Vorzüge schmackhaft zu machen. Also kramte ich am nächsten Tag meine Cheat-Disc heraus und fand auch schnell ein paar Unsterblichkeits-Codes im Internet. Ich dachte, wenn ich schon nicht die Kämpfe genießen kann, dann vielleicht wenigstens die Story.

Im Gottmodus schlug ich mich problemlos bis zum ersten Boss in der Kanalisation durch, als es *klick* machte. Ich brauchte keine Stützräder mehr, hatte das Spiel endlich kapiert. Es waren die Gambits, die alle Probleme lösten! Warum hat mich das Spiel so lange mit einem abgespeckten, langweiligen und nervtötenden Kampfsystem auf die Folter gespannt? Mit den Gambits wurde alles viel einfacher und die Kämpfe fingen plötzlich an, Spaß zu machen, weil man nicht mehr jeden Pups einzeln von Hand eingeben musste, und mit einem richtigen Team endlich auch überlebensfähig war. Also nahm ich die Cheats sofort wieder raus und fing noch mal sauber von vorne an.

Ab diesem Moment war ich tagelang von Final Fantasy XII begeistert, habe es immer mehr geliebt, erforschte die ganze Welt, trainierte alle meine Charaktere auf Level 99, absolvierte alle Nebenaufgaben und ging allen Geheimnissen nach, die sich im Internet finden ließen. Dasselbe dann ein halbes Jahr später noch einmal mit der deutschen Version, und weitere zehn Jahre später wieder mit der PS4-Neuauflage. Natürlich ist das Spiel selbst für meinen Geschmack nicht von vorne bis hinten perfekt. Ein paar Stellen sind immer noch verdammt nervig oder ohne Lösungshilfe sogar komplett unmöglich, aber so was gibt’s doch in fast jedem RPG.

Die Story ist zur Hälfte von Star Wars abgekupfert (ups, das wollte ich nicht sagen!) und nach wenigen Tagen auch wieder vergessen, aber dafür mag ich die Charaktere, das Monsterdesign, die Moogles, den Soundtrack und vor allem die exzellente Synchronisation sehr gern. Jeder wird an diesem Spiel etwas finden, was er gegenüber anderen Final-Fantasy-Episoden schlecht findet oder nicht mag, aber eines kann ich nach drei Durchläufen und über 150 Stunden Gesamtspielzeit definitiv sagen: Der Spielumfang ist gewaltig und es steckt so viel Liebe in diesem Werk, die man in späteren Teilen der Serie (ausgenommen das grandiose FF14) leider vorne und hinten schmerzlichst vermisst.

Rückblickend auf meine eigenen extrem wechselhaften Erfahrungen mit Final Fantasy XII, kann ich total nachvollziehen, warum so viele Square-Fans sich mit diesem Teil schwertun. Es wirkt auf jeden neuen Spieler so befremdlich und überwältigend, dass man schnell die Lust verliert, sich überhaupt länger als zwei oder drei Stunden damit abzuquälen. Aber ich bin davon überzeugt, dass der negative Ersteindruck sich ganz schnell zum absoluten Gegenteil wandeln kann, wenn man einfach nur brav durchhält und dem Spiel die nötige Zeit gibt, um die größten Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Mit den zahlreichen Vorzügen und technischen Verbesserungen, die das Zodiac-Remake mit sich bringt, dürfte das heutzutage vielleicht sogar noch einfacher sein.