„I ask not that you guide my wayward son. Just stay by his side.“

Zu PS3-Zeiten war bei Square Enix echt der Wurm drin, was das zeitige Release ihrer hochprofilierten Ankündigungen anging. Das früh vage für die Plattform angedeutete Kingdom Hearts III beispielsweise wurde dann doch erst hochoffiziell in 2013 angekündigt, ist mittlerweile auf die PS4 gerutscht, und mit Stand Mitte 2018 immer noch nicht erschienen.

Das 2009 vorgestellte Final Fantasy XIV erblickte tatsächlich wie geplant Ende 2010 das Licht der Welt, und war eine absolut unfertige Fehlgeburt, die über die nächsten drei Jahre erst mal zu „A Realm Reborn“ in ein anständiges Produkt gewandelt werden musste.

Und Final Fantasy XIII? Das wurde 2006 direkt als Drei-Spiele-Großprojekt in der „Fabula Nova Crystallis“ anberaumt. Final Fantasy XIII kam drei Jahre später raus, viel Kritik ob seiner Linearität einsteckend. Besserung für „Agito XIII“ und „Versus XIII“ wurde geschworen.

Ersteres kam erst 2011 als „Final Fantasy Type-0“ auf die PSP, während „Versus XIII“ nach internen Neustrukturierungen ebenfalls umbenannt sogar nach 2017 und auf die PS4 wanderte: Jetzt als nächster Hauptteil: Final Fantasy XV.


Story

König Regis schickt seinen Sohn Noctis zusammen mit den drei Leibwachen und guten Freunden Prompto (der Idiot der Truppe), Ignis (der Smarte der Gruppe) und Gladiolus (der Muskel der Band) auf einen Road Trip, an dessen Ende die Zwangsheirat mit Lunafreya steht. Das macht Regis allerdings nicht nur, weil es ihn besorgt, dass sein einziger Thronfolger zu viel mit attraktiven Männern rumhängt, und um Enkelkinder bangend auf den Pfad der Heteronormalität zurückgeleiten will. Dafür wäre so ein verschwitzter Camping-Ausflug in die umliegende Wüste ganz alleine mit jenen auch eher kontraproduktiv.

Denn das Imperium Niflheim macht das, was ein Imperium in solchen Geschichten in der Regel veranstaltet: Fies den Schnäuzer zwirbeln und dabei andere Länder unterjochen. Doch die royale Stadt Insomnia, Zentrum von Regis‘ Königreich Lucis, können sie nicht einnehmen, weil der dortige Kristall die Stadt mit einem Schutzwall umgibt.

So richtig gut steht Lucis allerdings im Krieg gegen Niflheim auch nicht dar, und die Kraft des Kristalls zehrt an Regis. Deswegen hat er sich dazu entschlossen, die Friedensbedingungen Niflheims zu akzeptieren, wozu die Kondition gehört, dass Prinz Noctis mit Lunafreya, Prinzessin des bereits vor geraumer Zeit eingenommenen Tenebrae, verheiratet wird.

Nur macht Niflheim dann genau das, was ein Imperium in diesen Geschichten gern macht, und hält sich nicht an die Bedingungen. Sobald deren Delegation in Insomnia eintrifft, entbricht ein Kampf, und die Stadt geht unter. Noctis erfährt davon in einem Resort weit entfernt. Nun liegt es an ihm, mächtige Pakte mit den Bestia zu schließen und die royalen Waffen einzusammeln, um sich Niflheim entgegenstellen zu können.

Das ist in Final Fantasy XV übrigens wesentlich weniger kohärent erzählt, und wird über den weiteren Spielverlauf auch nicht besser. Wer genau wissen will, was sich in der Nacht, in der Insomnia gefallen ist, wirklich zugetragen hat, darf sich beispielsweise den CGI-Film „Kingsglaive“ anschauen. Wer wissen will, wie sich die Boygroup ursprünglich angefreundet hat, muss zu den Anime-Minisodes „Brotherhood“ greifen.

Wenn einer der drei Freunde von Noctis plötzlich für ein Kapitel verschwindet und anschließend wieder auftaucht als wäre nichts gewesen, soll sich die Lücke mit dem Erstehen des Episoden-DLC auffüllen. Ach ja, dies wäre wohl noch wichtig zu erwähnen: Von mir gespielt ist das Original-Release von Final Fantasy XV, nicht die erweiterte „Royal Edition“.

Die Teile der Handlung, die sich doch in die „Erstauflage“ verirrt haben, sind häufig sehr fragmentiert und es nicht komplett klar, wo der logische Leitfaden von Szene A zu B zu C ist – zumindest ab Kapitel 9. Als Gimmick ist Final Fantasy XV nämlich in fünfzehn Kapitel unterteilt, von denen in den ersten acht jeweils ungefähr fünf Minuten Handlung steckt, während man sich in der Open World verlustieren darf.


Charaktere

Ab Kapitel 9 zieht die Handlung dafür voll an, wobei sie immer noch absolut kurz und abgehackt ausfällt. Und immer weniger Sinn zu ergeben scheint; die Motivation von Niflheim weitestgehend nebulös bleibt; und Figuren ohne Präsenz oder Charakterisierung tragische Schicksale erleiden dürfen, um die sich schwer geschert werden kann, während die Haupthandlung zusehends an Stringenz verliert und spätestens im schrecklichen Kapitel 11 komplett verunglückt.

Zwei gute Beispiele hierfür kommen in Form des Geschwisterpaares Ravus und Lunafreya. Hätte Ravus nicht ein Design, das eindeutig nach wichtigem Charakter schreien würde, und wäre er in „Kingsglaive“ nicht wichtig gewesen, hätte ich nicht gewusst, was der hier überhaupt zu suchen hat. Der Kerl bekommt absolut nichts zu tun, wird äußerst sporadisch über den Bildschirm geschoben, und am Ende unzeremoniell tot aufgefunden, während ein lapidar eingestreuter Flashback erzählen muss, dass er Noctis helfen wollte – obwohl er in „Kingsglaive“ eindeutig gegen die Königsfamilie Lucis stand.

In einem kompetenten RPG wäre Ravus ein anfänglicher Antagonist gewesen, der wegen dramatischer Ereignisse von Kapitel 9 (die für ihn wichtig sein sollten, das Spiel selbst allerdings keinerlei Reaktionsszene mit ihm einbaut) die Seiten wechseln würde. Aber im Hauptspiel an sich ist er eine absolute Unperson. Lunafreya und Noctis sind hingegen angeblich tatsächlich scharf aufeinander. Eine weitere Sache, die Final Fantasy XV kurz in einem deplatzierten Flashback erzählt – von einer Person, die gar nicht anwesend war, aber nie wirklich glaubhaft rüberbringt. Die beiden waren Kindheitsfreunde und haben sich zwölf Jahre nicht gesehen, nur über Briefe kommuniziert.

Abgesehen von Kindheitserinnerungen in einer einzelnen kurzen Szene sind die beiden über den kompletten Spielverlauf nie zusammen zu sehen – Lunafreya wie alle Charaktere, die nicht zu den vier Boytoys zählen und nur für sporadische Cutscenes herausgeholt werden. Zusammengerechnet bringen sie es bestimmt nicht auf über eine halbe Stunde Screentime. Dann hat die arme auch noch vom Skript überhaupt keine echten Dialoge eingebaut bekommen, sondern spricht ständig nur aussagelos-luftig von Schicksalen und Bürden, sodass es gar so wirkt, als wäre Noctis nur eine Verpflichtung für sie. Chemie ist anders.

Umso krasser, wenn man im Gegensatz dazu die Interaktionen der vier Jungs untereinander heranzieht. Die Freundschaft unter den Pretty Boys ist so ziemlich der einzige emotionale Kern der Geschichte, und eines der wenigen Dinge, die von Anfang bis Ende funktionieren. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass ich gut 40 Stunden in Sidequests verbracht hatte. Wer nur das Nötigste macht und in zehn Stunden durch die Hauptstory gehechtet ist, hat eventuell weniger Bezug zu ihnen. Doch gerade die vielen dämlichen Sprüche untereinander, die merkwürdigen Camping-Gepflogenheiten, all das funktioniert absolut.

Wo Final Fantasy XV schwerlich ein Bein auf den Boden bekommt, wann immer es sich der seriösen Haupthandlung widmen will, so charmant kann es sein, wann immer es den Spieler einfach den dämlichen Road Trip folgen lässt. Ob nun der liebenswerte Idiot Prompto einfach mal die Siegesfanfare oder das Chocobo-Thema trällert oder mitten im Kampf Selfies schießt; oder Gladiolus den Prinzen ob seiner fehlenden Muskulatur disst; oder Ignis mit schlichtem Camping-Equipment absoluten Food Porn fabriziert – die Jungs untereinander sind einfach herzallerliebst und der einzige Teil im dramatischen Finale des Spiels, welcher nahegeht.


Spielwelt

Wie bereits erwähnt, füllt sich die erste Hälfte des Spiels eher weniger mit Handlung, und lässt einem stattdessen lieber Zeit, sich in der Open World zu vergnügen. Was sich natürlich prompt aneinander reibt. Zum einen ist jemand, der hier viel unternimmt, im späteren Spielverlauf auf einem hoffnungslos hohen Level, welches den Rest des Spiels trivialisiert. Und auf der anderen Seite versucht Final Fantasy XV in den Handlungs-intensiven Kapiteln weiterhin eine Möglichkeit zu finden, die verpassten Nebenaufgaben erfüllen zu können, was schräge Auswüchse annehmen kann.

Aber die Open World an sich … was eine dröge Welt. Der Großteil ist Wüstenlandschaft und Waldgebiet, mit einem Auswuchs Dschungel an einem, oder einer Küstenregion am anderen Ende. Coole Orte lassen sich an einer Hand abzählen, die im Werkunterricht bereits Finger gelassen hat. Ein Großteil hingegen ist Füllmaterial. Macht die Welt eventuell realistischer, denn in Wirklichkeit kommt eben nicht alle hundert Meter ein Monument, aber ein wenig langweilig ist sie schon. Wenn dagegengehalten wird, wie hübsch die ebenfalls große Welt von Final Fantasy XII war – welche es ebenfalls schafft, sich als lebendig zu verkaufen – ist das hier etwas lieblos.

Im Übrigen gibt es genau zwei frei begehbare Städte im Spiel. Damit haben die Entwickler gerade noch so das frühe Versprechen zu Zeiten des endlos nicht erscheinenden „Versus XIII“ gehalten, dass es „mehrere echte“ Städte geben wird, statt wie in Final Fantasy XIII gar keine einzige. Viel ist das natürlich immer noch nicht.

Dennoch muss ich eingestehen, dass ich durchaus zunächst gut damit unterhalten war, einfach stupide hin und her zu cruisen und Quests zu erledigen. Die Monsterhunts jetzt vielleicht ziemlich bald eher weniger, weil die Level-Angaben zu ihnen scheinbar komplett zufällig gewürfelt wurden, sodass sie mal trivial einfach und manchmal viel zu schwer sind. Aber den vielen grellgelben Ausrufezeichen auf der Karte zu folgen, hinter derer sich NPCs verbergen, die wie üblich keinen Brief an den unmittelbaren Nachbarn selbst austragen können, war auf eine niedere Art und Weise schon gefällig.

Vielleicht auch, weil sich (wie bereits erwähnt) hier die vielen unnötigen aber sympathischen Einfälle verstecken, die so charmant sind, allerdings die Zeit sie zu entwickeln vielleicht besser in ein leereres aber kompetenter gemachtes Hauptspiel investiert worden wäre:

So können optionale royale Waffen aus den Königsgräbern geholt werden, Fische an jedem Pier geangelt werden, Promptos beste Schnappschüsse aussortiert werden, neue Rezepte für Ignis‘ Stat-Boost-Küche gefunden werden, Modifizierungen am Auto vorgenommen werden oder klassische Final-Fantasy-Tunes für das Radio freigeschaltet werden. Dazu die überraschend vielen und teilweise stark situationsbedingten Kommentare der Best Bois untereinander – definitiv unterhaltsam.

Unterhaltsam war es jedenfalls für mich, zumindest zu Beginn. Bis viele kleine Nervfaktoren, wie die ungenauen Quest-Marker, unglaubwürdigen Level-Ratschläge oder unübersichtliches Kampfgeschehen sich in späteren, anstrengenderen Quests zu häufen begonnen, und mir die Lust nach und nach mehr raubten. Aber 52 Stunden in ein Spiel zu investieren, dessen Haupthandlung davon sicherlich maximal zehn Stunden eingenommen hat, spricht dennoch zunächst für sich.


Kampfsystem

Final Fantasy XV ist ein Action-RPG – auf den Gegner warten ist nicht mehr, sondern es wird wild und übergangslos direkt in der aktuellen Umgebung um sich geprügelt. Als Spieler übernimmt man dabei die Rolle von Noctis, der auf dem Waffenrad des Steuerkreuzes vier Formen der Attacke legen kann. Theoretisch auch vier Mal die gleiche, dies macht jedoch wenig Sinn. Denn die Gegner sind gegen die unterschiedlichen Waffenarten wie Speere, Schwerter, Pistolen etc. unterschiedlich schwach oder stark, genau wie gegen die drei Magietypen Eis, Feuer und Blitz. Es lohnt sich also dort verschiedene unterzubringen, um schnell wechseln zu können.

Die Magien funktionieren übrigens etwas unerwartet. Gesammelt werden sie, indem Noctis sie (etwa wie in Final Fantasy VIII) von diversen Punkten in der Landschaft zieht, in der Regel nahe den Campingplätzen beheimatet. Nun ist allerdings nur die elementare Energie im Gepäck. Je nachdem, wie die drei Sorten miteinander gemischt und ob Items eingesetzt werden, wird daraus dann erst ein Zauberspruch „Feuer“, „Eisra“, „Blitzga“ usw.. Dies sind aufbrauchbare Gegenstände – im Kampf geworfen und ein Feuerzauber weniger ist in Reserve. Magiepunkte werden stattdessen für Noctis‘ Warp-Fähigkeit, ein spezieller Distanzangriff, genutzt.

Wann immer der Prinz in Gefahr ist, kann man ihn nämlich über einen Warpsprung in Sicherheit bringen und via Schwert an Felswände hängen oder hinter Steinen in Deckung gehen lassen, um die HP zu regenerieren. Dies braucht genau wie die Warp-Attacken allerdings die MP-Leiste auf. Selbst wenn Noctis oder einer seiner KI-gesteuerten Mitstreiter auf 0 HP stürzt, ist es noch nicht vorüber. Mit einem beherzten Schulterklopfer vorm Auslaufen eines Timers können sie jederzeit wieder in den aktiven Kampf zurückgeholt werden. Ein „Game Over“ ist daher – außerhalb von optionalen Monstern – ein in Final Fantasy XV selten gesehenes Phänomen. Das heißt, wenn nicht sowieso auf „Easy Mode“ gestellt wird, wo Carbuncle den Prinzen automatisch nach dem Ableben wiederbelebt.

Es gibt dabei weitere Feinheiten des Kampfsystems, wie starke Blindsight-Attacken, sollte der Gegner von hinten eine drauf bekommen. Die drei Mitstreiter können diverse Skills einsetzen, oder auch einfach nur nach einem gut sitzenden Schlag von Noctis mit einer Gruppenattacke kommen. Rechtzeitig geblockte Angriffe führen zu einem Konterschlag.

All das auch auszuführen ist hingegen nicht immer so einfach, weil visuell die Kämpfe – gelinde gesagt – ein heilloses Durcheinander von Partikeleffekten und Gliedmaßen sind. Da Noctis sowieso dauerhaft das nächste Ziel attackiert, solange der passende Knopf gehalten bleibt, und ein Quick-Time-Event zum Blocken und Kontern auf dem Bildschirm erscheint, kann der Rest des Geschehens in den normalen Kämpfen allerdings auch schlichtweg ignoriert werden. Das ist natürlich schon eine ziemlich wenig involvierte Spielweise, und ich hatte mir ehrlich gesagt dann schon gleich lieber die Gambits von Final Fantasy XII zurückgewünscht, durch welche die Charaktere von sich aus kämpfen und überleben.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich hierbei jedoch die Bosskämpfe, vorrangig jene gegen die Summons. Final Fantasy XV versucht sich hier an spektakulären Stage-Setting-Momenten, wie sie unter anderem aus God of War und Uncharted bekannt sind. Meist ist in solchen Begegnungen die Interaktion stark eingeschränkt, damit das Spektakel wie geplant ablaufen kann. In Final Fantasy XV funktionieren sie leider mal gar nicht. Die Sequenzen sind zu lang, Interaktion nicht mal halbwegs versteckt kaum vorhanden. Gerade die Auseinandersetzung mit Leviathan ist ein absolutes Lowlight des Spiels.

Ausrüstung und Summons sind ebenfalls ziemlich minimalistisch untergebracht. So kann jeder Charakter ein Accessoire ausrüsten, später auch bis zu drei. Das war es neben den verschiedenen Waffen aber auch schon. Beschwörungen kommen unter gewissen Bedingungen, jedoch unzuverlässig zufällig, als Option auf, die einen Kampf dann jedoch auch sofort beenden.

Charakterentwicklung läuft neben Level-Ups noch über ein Skillbrett, welches neben mehr Equipment-Slots, zusätzlichen Status-Boosts und neuen Charakterskills auch die weniger nützlichen Dinge wie Promptos Fotokünste oder Noctis‘ Fischertalent aufbessert.

Level-Ups sind übrigens nicht sofort gültig, sondern geschehen erst bei einer Übernachtung. Da die Qualität der Unterkunft einen Multiplikator aufweisen kann, ist es grundsätzlich anzuraten, zunächst viele Quests zu erledigen und dann möglichst luxuriös zu rasten, um alle zwischenzeitlich angehäuften Erfahrungspunkte effizient in neue Levels umzuwandeln. Das heißt sofern es nicht stört, dass die vier verwöhnten Jungs sich anfangen zu beschweren, wenn sie eine Woche ohne Schlaf auskommen mussten und von oben bis unten eingesaut sind.


Technik

Optisch habe ich mich bereits darüber ausgelassen, dass das Design der Welt nicht immer ein Hit ist. Abgesehen davon macht Final Fantasy XV allerdings serienüblich nicht viel falsch. Es gibt nämlich auch schöne Orte, wie beispielsweise deren Version von Venedig mit Gondeln und Kanälen. Die Summons sind ebenfalls sehr beeindruckende Titanen, und auch die eingestreuten FMVs wissen das Auge zu verwöhnen.

Über die merkwürdigen Animationen zweier weiblicher Charaktere, die versuchen jederzeit möglichst viel ihrer Oberweite ins Bild zu bekommen (und dabei leicht spastisch wirken), lässt sich wieder streiten. Gerade die vier Kerle, also die einzig wichtige Komponente des Spiels, sind nicht nur attraktiv designt, sondern auch durchweg mit vielen glaubwürdigen Animationen für jede Lebenslage ausgestattet.

Hilfreich war hier sicherlich auch, dass Roberto Ferrari (der Charakter-Designer von Square Enix; nicht der Radrennfahrer) die zunächst eher langweiligen Nomura-Designs von „Versus XIII“ noch mal durch seine eigene Feder wiedergeben konnte, sodass ihnen doch gerade im Gesicht etwas mehr Persönlichkeit gegeben wurde, statt komplett wie seelenlose Mannequins zu wirken.

Einen merkwürdigen Auswuchs will ich dann allerdings nicht unerwähnt lassen. Und zwar kam es an zwei Stellen im Spiel zu merklichen, wenn auch nicht den Verlauf störenden Einbrüchen bei der Framerate. Was dies so seltsam macht, ist dass die eine Situation die Erkundung eines Zuges war, die andere als Noctis sich in Kapitel 13 alleine durch endlose und unspektakuläre Schlauchlevels schlagen muss. Man sollte meinen, gerade hier wären keine Performance-Probleme zu erwarten, weil nicht gerade viel von der Hardware verarbeitet werden muss.


Sound

Die Musik des Spiels kann schon alleine deswegen kein Totalausfall sein, weil wie bereits erwähnt fleißig die Tunes von früheren Final-Fantasy-Spielen sowohl im Auto als auch bei der Landschaftserkundung im Hintergrund dudeln. Die neue Musik in Final Fantasy XV ist allerdings auch alles andere als schlecht, nur gerade wenn man jene klassischen Melodien im Direktvergleich hat, etwas gegen sie abfallend. Ich zumindest erinnere mich bereits nicht mehr an allzu viele Stücke aus dem Spiel, obwohl sie mir während des Spielens nie negativ aufgefallen sind.

Ihr Einsatz teilweise allerdings schon. Gerade im Finale beweist das Spiel hier gute wie schlechte Seiten. Der grundsätzliche Einfall ist sehr atmosphärisch: Es läuft nur eine leise traurige Melodie im Hintergrund, während sich die Jungs immer mal wieder über ihre Vergangenheit unterhalten. Doch alle paar Schritte kommt es zu einem Gegnerkampf, in dem die normale natürlich thematisch aufpumpende Kampfmusik ertönt und jede aufgebaute Stimmung wieder zunichtemacht. Stattdessen hätte man einfach die Stadt-BGM weiterlaufen lassen sollen. Gratulation hingegen zur Wahl von „Stand By Me“ für Opening und Ending, wo das Lied perfekt hinpasst.

An der englischen Sprachausgabe gibt es überhaupt nichts zu meckern. Sie ist ein weiterer jener wenigen Punkte, die durch den kompletten Spielverlauf hinweg funktionieren. Die vier Hauptakteure geben in ihren Interaktionen, egal welche Emotion gefragt ist, wirklich alles, und selbst die tapfere Sprecherin von Lunafreya verkauft das schreckliche Skript noch überzeugend.


Versionen und Zusatzinhalte

Wie zu Beginn angeklungen, basiert diese Rezession auf dem Original-Release von Final Fantasy XV. Allerdings obendrauf mit dem 1.24 Update, welches beispielsweise eine alternative Route für das berüchtigte Kapitel 13 bereitstellt. Fluch und Segen der modernen Ära des Breitband-Internets ist natürlich, dass man Deadlines einfacher einhalten kann, und unfertige Spielsegmente durch nachträgliche Patches ausgebessert werden können. Und wenn mal ein Spiel unfertig wirkt, dann ist es wahrscheinlich Final Fantasy XV in seiner Erstversion.

So wurden im Folgejahr mehrere kostenpflichtige DLC-Kapitel herausgebracht, die beispielsweise die Lücken füllen, wenn die drei Leibwächter die Handlung kurzfristig verlassen und genauso unzeremoniell wieder auftauchen.

Kulminierend in einem Release im März 2018, der sogenannten „Royal Edition“, die all diese Zusatzinhalte bereits enthält. Hierfür sollte allerdings eine schnelle Internetverbindung gegeben sein, denn Square Enix fand es nicht angebracht, die Discs anzupassen. So befindet sich bei der „Royal Edition“ immer noch bloß das Erstrelease von Final Fantasy XV darauf wieder, während die mehreren Gigabytes an Updates und Zusatzinhalten alle extra heruntergeladen werden müssen.

Zudem erscheint weiterhin DLC, das heißt die „Royal Edition“ ist keineswegs ein Komplettpaket zum Durchstarten, sondern wird voraussichtlich im Verlaufe 2019 oder 2020 sicherlich durch eine weitere Komplettedition ersetzt werden, die dann hoffentlich wirklich alle Inhalte enthalten wird.


Fazit

Abschließend kann ich wirklich nur sagen, dass Final Fantasy XV eine absolute Achterbahnfahrt für mich war. Die ersten 25 Spielstunden verbrachte ich gut unterhalten in Sidequests und Open World, mit den ganzen charmanten dämlichen Einfällen und Interaktionen, die es in den Road Trip der Jungs geschafft haben.

Anschließend habe ich noch mal fast 20 Stunden hauptsächlich Nebenmissionen absolviert, jedoch dabei zusehends den Nerv an die Ecken und Kanten verloren. Als ich dann der Handlung die wenigen Stunden zum Finale folgte, erlebte ich diese schlichtweg als bestenfalls fragmentiert und an den schlechteren Stellen nicht nachvollziehbar, und sie brach eigentlich zusammen sobald sie richtig loslegen wollte. Ein gutes Ergebnis ist das hier definitiv nicht.

Das kommt wohl dabei heraus, wenn ein Spiel zehn Jahre lang in „Development Hell“ steckt und Versatzstücke auf geänderte Teams und Visionen angepasst werden müssen. Dennoch eine abschließende Behauptung zum Ende: Final Fantasy XV ist meines Erachtens immer noch besser als Final Fantasy XIII. Wo das „kompetentere“ FF13 nämlich einfach nur langweilt, ist dem Zugunglück von FF15 beizuwohnen ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen. Am besten in gemütlicher Runde und munter drauf los riffen.